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Hans-Jürgen Hübner:

Cree

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Geschichte und Gegenwart Kanadas

Version 1.106 (13. November 2011), für Wikipedia weitgehend neu geschrieben,
dort die enzyklopädiegerechte Fassung
Verbreitungsgebiet der Cree-Gruppen in Kanada (nach einer Vorlage der Brock University Map Library)

Die Cree (englisch, auch Kri, französisch: Cri) sind ein Indianervolk Nordamerikas. Ihr Stammesgebiet erstreckt sich von den Rocky Mountains bis zum Atlantischen Ozean über Teile der Vereinigten Staaten und Kanadas, wo die Cree heute die größte First Nation bilden. Sie selbst bezeichnen sich als Ayisiniwok, was ‚wahre Menschen‘ bedeutet, oder im Sinne von ‚das Volk‘ als Iyiniwok, Eenou, Iynu oder Eeyou.

Ihre Sprache gehört der Algonkin-Sprachgruppe an; mit ihr verwandt ist das Michif der Métis.

Die Cree stellen mit Abstand die größte Gruppe unter den First Nations dar. Ihre 135 Stämme umfassen rund 200.000 Menschen.

Inhalt

Die Cree haben sich wohl vor 1500 von der James-Bay-Region, also dem südlichen Ende der Hudson Bay aus westwärts ausgebreitet. Im 16. Jahrhundert finden sich Spuren einer als Clearwater Punctuate bezeichneten Tonware in Saskatchewan. In Alberta gibt es zwei Cree-Gruppen, die Plains Cree, die in den Plains oder Prärien, den Graslandschaften leben, und die Wood Cree, die in den Waldgebieten lebten, und sich dementsprechend kulturell stark unterschieden. Erstere lebten überwiegend von der Jagd auf Büffel, letztere von Fisch (White Fish), erstere gewannen riesige Schweifgebiete, letztere waren vergleichsweise ortsfest und wanderten in relativ engem räumlichem Rahmen, je nach Verteilung ihrer Ressourcen, die sie zum Leben brauchten, in jährlich sich wiederholenden Zyklen.

Erste Europäer, Handelsstationen

Die ersten Europäer, die mit den Swampy Cree südlich der James Bay in Kontakt kamen, bezeichneten sie als „Kristineaux“, „Kinisteneaux“ als lautliche Annäherungen an deren Selbstbezeichnung Kenistenoag. Daraus entwickelten sich „Kree“ oder „Cri“ und „Cree“. David Thompson mit den „Nahathaway“. Die Selbstbezeichnung der in den Plains lebenden Cree lautet nêhiyawak. 1781 traf die Region jedoch eine erste Pockenepidemie, der vielleicht die Hälfte der Cree zum Oper fiel. 1838 folgte eine ebenso heftige Epidemie, so dass die Zahl der westlichen Cree wohl um fünf Sechstel, wenn nicht mehr zurückging.

Viele Cree-Gruppen versuchten sich in der Nähe der Handelsstationen anzusiedeln, um so zunächst an die für sie anziehenden Güter, wie Eisenwaren, Geschirr, Waffen und Mehl zu gelangen, dann aber, um den Zwischenhandel mit den weiter west- und nordwärts lebenden Stämmen möglichst zu monopolisieren. So handelten sie mit den Indianern abseits der Forts um Pelze, die sie den Europäern, vor allem der Hudson's Bay und der North West Company anbieten konnten. Ohne sie und die Kontrolle über die einzigen Transportwege, die mit Kanus befahrenen Flüsse und Seen, hätte es keinen Pelzhandel gegeben.1 Gleichzeitig gestattete ihnen die bessere Waffenausrüstung die Expansion nach Westen und Norden, und viele verließen den Hudson-Bay-Raum (ab etwa 1740), wo die Pelzhandelsgesellschaft eine erste Handelsstation am Waswanipi Lake eingerichtet hatte. Dabei folgten sie den Flussläufen von Red River und Saskatchewan River, und verbündeten sich mit den Blackfoot. Mit ihnen bildeten sie eine Handels- und Militärallianz, ebenso wie die Iron Confederacy mit den Saulteaux und den Assiniboine. Da die Blackfoot von den Cree abhängig waren, etablierte sich bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine friedliche Koexistenz in den Prärien.

Diese Abhängigkeit endete, als die Hudson’s Bay Company 1795 und 1799 das Edmonton House und das Rocky Mountain House errichteten, die sich beide im traditionellen Gebiet der Blackfoot befanden. Damit begann um 1800 eine lange Phase scharfer Konkurrenz, die häufig militärisch eskalierte. Dies hing neben dem Pelzhandel damit zusammen, dass beide Gruppen nach etwa 1730 ihre Lebensweise auf das Pferd eingestellt hatten, das sie als Reit-, Jagd- und Transporttier einsetzten. Auch die ausreichende Versorgung mit Pferden wurde um die Jahrhundertmitte eine Existenzfrage. Daher knüpften die Cree Kontakte mit den Flathead im heutigen Montana an, die zunächst Pferde von Spaniern bezogen, aber auch verwilderte Pferde einfingen und bald selbst züchteten. Pferdediebstahl war in dieser Phase nicht nur ein Beweis des Mutes, sondern oftmals ein verzweifelter Beitrag zum Überleben, denn viele ethnische Gruppen konkurrierten um die Jagd in den Graslandschaften.

Ein halbes Jahrhundert lang war die These von Mandelbaum, die er in seiner im Jahr 1940 erschienenen Dissertation vertreten hatte unumstritten.1a Danach lebten die Cree zurzeit der ersten Kontakte mit Europäern, also zwischen 1640 und 1690, in den Wäldern zwischen Hudson Bay und Oberem See. Zwischen 1690 und 1740 entstanden Pelzhandelsposten im Creegebiet, die die Cree veranlassten, so intensiv auf Jagd zu gehen, dass sie die Pelztiere weitgehend ausrotteten. Dies hatte nach Mandelbaum zur Folge, dass sie westwärts zogen, um dort zu jagen, wobei ihnen die erworbenen Gewehre den Vorteil militärischer Überlegenheit über die dortigen Stämme zu besitzen. Bis etwa 1820 dehnte sich ihr Gebiet am weitesten westwärts aus. Erst um diese Zeit gaben die westlichen Gruppen die dem Waldland angemessene Lebensweise auf und entwickelten eine Lebensweise, die den Prärien angepasst war. Zwischen 1820 und 1880 waren sie als Prärieindianer fest etabliert und lieferten sich mit den älteren Gruppen, vor allem der Blackfoot, heftige Auseinandersetzungen. - Mandelbaum glaubt, Cree-Gruppen habe es in den ersten Phasen im Westen nicht gegeben, weil sie in den Quellen nicht erscheinen. Da die Europäer von diesen westlichen Gebieten gar nicht berichten konnten, handelt es sich jedoch zumindest um einen voreiligen Schluss. Auch die Motive der Cree werden dem Zeitgeist der Dreißigerjahre entsprechend beschrieben. Sie hätten vor allem nach Alkohol und Tabak, sowie anderen europäischen Waren gegiert, wären als Mittelsmänner von größter Bedeutung gewesen, wobei Mandelbaum der Widerspruch zwischen der Tätigkeit als Mittelsmänner und dem Handel mit europäischen Gütern weiter westwärts gar nicht auffiel. Dabei räumt er durchaus ein, dass Bisonjäger der Cree bereits vor 1690 nordwestwärts bis an den Großen Sklavensee gezogen sein mögen. Pater Morest nennt den Lake Winnipeg bereits 1695 den See der Cree. 1697 bestätigte ein anderer Franzose, dass das Kernland der Cree um den Lake Winnipeg lag. Auch im Raum des späteren Edmonton wird bereits um 1750 von Cree berichtet, die, nach Mandelbaum noch vor ihrer eigentlichen Expansionsphase westwärts standen. Sie erschienen allerdings nie wesentlich weiter westwärts. Die Auffassung, die Cree seien westwärts gewandert, hat Mandelbaum allerdings selbst nur aufgegriffen. Sie ist mehr als 150 Jahre alt und geht letztlich auf Alexander Mackenzie zurück (1801).

Das Verschwinden der Büffel

Cree-Lager südlich von Vermilion, Alberta, September 1871

Die Cree lebten ebenso wie die Blackfoot von der Jagd auf den Amerikanischen Bison, der auch als Büffel bekannt ist. Doch aus verschiedenen Gründen ging ihre Zahl immer mehr zurück, und die Jäger folgten ihrer Beute, die sich ab etwa 1850 fast nur noch auf dem Gebiet der Blackfoot fand. 1870 begannen die Cree einen letzten Versuch, ihrer Beute habhaft zu werden, indem sie einen Krieg begannen. Sie hofften, die von Pocken geschwächten Gegner besiegen zu können und griffen ein Lager bei Fort Whoop-Up an. Doch unterlagen sie in der Schlacht (nahe Lethbridge) und verloren über 300 Krieger. Im nächsten Winter zwang sie der Hunger zu Verhandlungen mit ihren Gegnern, mit denen sie Frieden schlossen, und auch mit dem 1867 gegründeten Kanada traten sie in Verhandlungen. Sie mussten ihren Lebensstil aufgeben und Bauern werden, doch forderten sie Hilfe beim Übergang und wollten nur unter dieser Bedingung weiße Siedler akzeptieren.

In den Jahren 1874 bis 1876 schlossen Kanada und die Cree mehrere der so genannten Numbered Treaties, genauer gesagt die Verträge mit den Nummern 4, 5 und 6. Noch bis etwa 1880 versuchten kleine Gruppen weiterhin von der Büffeljagd zu leben, und zogen dazu bis nach Montana, doch sie sammelten sich ausgehungert um die Forts, nachdem die letzten Bisons verschwunden waren. Edgar Dewdney, der zuständige Commissioner of Indian Affairs, nutzte die Gelegenheit, den Cree zu verdeutlichen, dass sie keine Autonomie mehr besaßen und zwang sie durch Zurückhalten der Notrationen, sich seiner Interpretation der Verträge zu beugen. Mit dem Aufstand der Métis von 1885 entstand aus sporadischen Plünderungen eine Rebellion, die aber gegen die kanadischen Truppen ohne Aussicht auf Erfolg war.

Besiedlung, Verdrängung, Assimilation

Zahllose Prozesse der Assimilation oder Verdrängung durch die rapide anwachsende Zahl der Siedler, bis hin zum völligen Vergessen der Geschichte der Cree-Gruppen, gingen vonstatten. Dabei begannen die Siedler bereits eine erhebliche Rolle in der Entstehung einer öffentlichen Meinung zu spielen. Mehrere Jahre nachdem sich Häuptling Papasschayo 1877 bereit erklärt hatte, für seinen Stamm von 241 Menschen das Papaschase Reserve Number 1362 nahe Edmonton, rund 6 km südlich des North Saskatchewan River zu akzeptieren, verlangten die Einwanderer einen Abzug der Ureinwohner. Hierbei spielte die lokale Zeitung, The Bulletin, eine wichtige Rolle. Herausgeber dieser Zeitung war Frank Oliver. Er hatte zuvor für die Winnipeg Free Press gearbeitet und zog 1876 nach Edmonton, wo er ab 1880 seine eigene Zeitung herausbrachte. Dort machte sich die Tatsache bemerkbar, dass das Monopol der Hudson’s Bay Company 1869 beendet worden war, und dass Wettbewerb und der Druck der Siedler zunahmen. Letztere verbanden sich in einer Lobbyistengruppe, dem Edmonton Settlers' Rights Movement3, das sich gegen jede Beschränkung durch Verträge wehrte. Oliver und seine Gruppe verlangten die Umsiedlung der ihrer Meinung nach zu nahe an Edmonton lebenden Indianer.

Dabei nutzte er alle Stereotype gegen sie und lancierte sie über sein Bulletin. Er erklärte den Stamm für eine fragwürdige Gruppe von „Halbbluten“, geführt von einem Häuptling und sechs oder sieben seiner „faulen Brüder“, dazu alte Squaws, die um die Forts herumlungerten. Obwohl er am 30. September 1882 den legalen Anspruch des Stammes auf sein Reservat akzeptierte, versuchte er mit dem Argument der Siedlungsbehinderung, des wirtschaftlichen und moralischen Schadens, und unterschwellig der Minderwertigkeit der Indianer die Stimmung so sehr anzuheizen, dass rechtliche Argumente ins Hintertreffen gerieten. Speziell die Papaschase diffamierte er, indem er ihnen unterstellte, gar keine Indianer zu sein, sondern nur in den Genuss der Vorzüge staatlicher Alimentation gelangen zu wollen. 1883 wurde Frank Oliver in den North West Territories Council gewählt, und gehörte 1888 bis 1896 der daraus hervorgegangenen Gesetzgebenden Versammlung an. 1905 wurde er zum Innenminister erhoben. Nun konnte Oliver mit erheblich größeren Machtmitteln gegen die angeblich übertrieben großen Reservate vorgehen und Druck auf die Stämme ausüben, Land herauszugeben oder gleich umzusiedeln. 1911 wurde das Indianergesetz durch eine Bestimmung ergänzt, die die Enteignung von Reservatsland zugunsten öffentlicher Bauten gestattete.

Noch 1883 beschwerte sich Pater Scollen im Namen des Stammes in einem Schreiben an den Premierminister, die kanadische Regierung wolle den Stamm durch Hunger ausrotten. In dieser verzweifelten Situation akzeptierten viele Cree das so genannte Scrip, das den „Mischlingen“ gestattete, Land zu bekommen, wie die Weißen. Der zuständige Agent akzeptierte aber auch Anträge von Treaty Indians, also von Indianern, die einen der Verträge unterschrieben hatten, und die sicher keine Métis waren, wie es das Gesetz vorschrieb. Es handelte sich dabei allein von Juni bis Juli 1885 um 202 Anträge. Den meisten blieb nichts anderes übrig, als ihr Scrip gleich gegen Lebensmittel zu verkaufen. Die Papaschase gaben 1888 ihr Reservat auf, in dem sie ohne Nahrungsmittel und staatliche Hilfe nicht leben konnten. 2001 forderten sie ihr Gebiet zurück.4

Der Aufstand von 1885: Big Bear, Poundmaker, Wandering Spirit

Die Cree am Frog Lake im Osten des District of Saskatchewan, der heute zu Alberta gehört, erhoben sich unter ihrem Häuptling Mistahimaskwa (Big Bear)5, um gegen das Zurückhalten ihrer Lebensmittel zu protestieren. Mit diesen hoffte Edgar Dewdney, der für Indianerangelegenheiten zuständig war, die Cree unter Druck setzen zu können, damit sie sich nicht dem Aufstand der Métis anschlossen. Am 1. April 1885 wurden jedoch neun Menschen Opfer eines Massakers unter Führung des Cree-Kriegers Wandering Spirit6 am Frog Lake, und der Stamm bedrohte Fort Pitt.

Poundmaker, Big Bear nebst Sohn, Pater Andre, Pater Conchin, Chief Stewart, Captain Deane, Robertson und der Gerichtsdolmetscher, O.B. Buell, in North-West Mounted Police Barracks, Regina, 1885

Der leitende Inspector Francis Dickens, Sohn von Charles Dickens, musste den Posten aufgeben und sich nach Battleford zurückziehen. Eine andere Cree-Gruppe unter Häuptling Pitikwahanapiwiyin (Poundmaker) beunruhigte wiederum diese Gegend, so dass die Regierung einen allgemeinen Aufstand fürchtete. Lieutenant Colonel Otter versuchte entgegen dem Befehl den Ort zu entsetzen, doch unterlag er in einem Gefecht am Cut Knife Hill am 2. Mai 1885. Doch nachdem die Métis nach der Schlacht bei Batoche unterlegen waren, ergab sich auch Poundmaker am 25. Mai.

Eine dritte kanadische Einheit zog gegen Big Bear in der Gegend um den Frog Lake. Es kam zu einem Gefecht bei Frenchman’s Butte gegen die Leute von Wandering Spirit, dem es nicht gelungen war, den Abfall der Wood Cree zu verhindern. Big Bear wiederum war es nicht gelungen, seine Truppen mit Poundmaker zu vereinigen. Trotz eines Sieges musste Big Bear sich nordwärts Richtung Beaver River zurückziehen. Nahe dem Loon Lake kam es am Rat Foot Creek (Steele Narrows) zu einem kurzen Gefecht. Schließlich musste Big Bear am 2. Juli in Fort Carlton aufgeben. Einige der Gefangenen, wie Wandering Spirit, wurden nicht als Kriegsgegner behandelt sondern als Verbrecher hingerichtet.

Der Norden der Provinz Quebec

Das gigantische Baie-James-Wasserkraftprojekt mit Stauseen von über 15.000 km² betrachteten die rund 7.000 Cree und 4.500 Inuit, die an der Bucht und in Nord-Québec lebten, als Bedrohung ihrer auf Jagd und Fallenstellerei beruhenden Lebensweise in ihrem rund eine Million km² umfassenden Gebiet. Ein Aufsehen erregender Prozess - ein Urteil, das die Quebec Association of Indians vor Gericht erwirkt hatte, wurde vom Appellationsgerichtshof der Provinz widerrufen - mündete 1975 in die Convention de la Baie-James et du Nord québécois oder das James Bay and Northern Quebec Agreement. Einen ähnlichen Vertrag schlossen wenige Jahre später die rund 500 Naskapi. Seit 1974 hatte sich der Grand Council of the Crees, ein Stammesrat, der neun Stämme aus dem Norden Quebecs repräsentierte, dafür eingesetzt. 1984 wurden die indigenen Völker aus der Vormundschaft des Indianerministeriums formal entlassen, und sie besitzen seitdem alle Rechte der kanadischen Gebietskörperschaften, sie dürfen also Verträge schließen, Verordnungen erlassen, Ortspolizeidienststellen unterhalten, ein eigenes Budget verwalten und Anteile an Unternehmen besitzen. Wie jede Gemeinde bestimmen sie die Flächennutzung und können zudem Nichtangehörigen den Zugang zu ihrem Territorium verweigern.

Am Ende weiterer, zäher Verhandlungen unterzeichneten die Cree und Inuit 1991 einen Vertrag, der Kanada die Nutzung der Wasserkraft zugestand (aus der ca. drei Fünftel der Elektrizität Kanadas gewonnen wird) - gegen Kompensationszahlungen und Selbstverwaltungsrechte in einem Teil des Konventionsgebiets. Innerhalb eines Kerngebiets (etwa 1,3 % der Fläche, also ca. 14.000 km²), dem Gebiet ihrer neun Siedlungen, erhielten die Cree das alleinige Nutzungsrecht. In weiteren Gebieten hatten sie exklusive Jagd- und Fischrechte. Die Provinz kann Teile dieser Gebiete für Entwicklungsprojekte in Anspruch nehmen, muss aber Ersatzland oder Entschädigung leisten. Die Cree sind hier paritätisch an allen Entscheidungen beteiligt. Doch in rund 85 % des Vertragsgebiets haben sie nur einige Jagdprivilegien.

Im Kerngebiet bieten sich Beschäftigungsmöglichkeiten in der Verwaltung und in der Wirtschaft, vom Gesundheitswesen über den Umweltschutz und zur Förderung der Jagdtraditionen bis zum Betrieb der Fluggesellschaft Air Creebec. Ein Programm garantiert allen Cree-Jägern ein festes Einkommen unter der Bedingung, dass sie mindestens 90 Tage pro Jahr der traditionellen Jagd nachgehen.

Das seit den späten 1970er Jahren aufgebaute Schulsystem vermittelt Sprache und Kultur der Cree. Erste Sprache ist Cree, mit einer eigenen Schrift, später stehen Französisch und Englisch zur Wahl. Zahlreiche Orte führen inzwischen (wieder) Cree-Namen. Die meisten Organisationen der Cree wurden von Val-d'Or in das Baie-James-Gebiet verlegt. Seit 1993 existiert das Nachrichtenmagazin The Nation, ein wichtiges regionales Diskursforum.

Zugleich wenden sich die Cree gegen den Quebecer Separatismus, weil sie fürchten, die Zuwanderung frankophoner Kanadier in den Norden könnte in einem unabhängigen Staat Québec zu ihren Lasten gefördert werden. Sie fürchten eine „ethnische Besetzung“. In einem eigenen Referendum sprachen sich 95 % der Quebecer Cree für ein Verbleiben bei Kanada aus.7

Diese Befürchtungen sind insofern begründet, als mit dem 1986 angekündigten Great Whale Project, bei dem fünf Flüsse, die in die Hudson Bay münden, aufgestaut und umgeleitet werden, rund 3500 km² Cree-Land überschwemmt werden sollten. Der Strom sollte vor allem in die USA exportiert werden. 1991 ruderten Cree in Kanus bis nach New York, um dort als Lobbyisten auf die Abnehmer einzuwirken. 1994 gab die Provinz Quebec das Projekt auf, gegen das auch Umweltschützer protestiert hatten.

Aktuelle Situation

Bei allen Fortschritten zeigt sich hier jedoch ein grundlegendes Problem: Die Zersplitterung und Individualisierung schreitet voran, eine Entwicklung, die 1994 zur Einberufung einer Sonderversammlung des Stammes führte. Außerdem hat die Gesellschaft der Cree in den Jahrzehnten zunehmender Eigenständigkeit eine Umstrukturierung erlebt, die eine neue Führungsschicht hervorgebracht hat, die die Verwaltung dominiert. Daneben existieren weiterhin die der traditionellen Jagd nachgehenden Familien, dazu die Jungen, deren Zahl schnell wächst, die aber weder in der einen noch in der anderen Gruppe ausreichend vertreten sind. Der erste indianische Vizegouverneur Kanadas, James Bartleman von Ontario (2002-07), wandte dieser Gruppe seine Aufmerksamkeit zu. Er sammelte für die Schulen über eine Million gebrauchte Bücher, förderte Schreib- und Lesefähigkeit und brachte ihre Probleme verstärkt ins öffentliche Bewusstsein.

Dazu kommt, dass das auslösende Projekt, das gigantische Baie-James-Wasserkraftprojekt, mittlerweile kritischer betrachtet wird. In der Schlussphase (seit 2007) wurde der Rupert River weitgehend umgeleitet, ein Projekt, gegen das sich der 2005 gewählte Grand Chief of the Crees of Quebec, Matthew Mukash gewandt hat. Damit stellt er die Abmachung von 2002, die als Paix des Braves bekannt wurde, in Frage, und fordert die Förderung von Windkraftanlagen.

In einer anderen Hinsicht geraten inzwischen Provinz-, Bundes- und Reservatsgesetze in Konflikt, eine Auseinandersetzung, die in den USA bereits die mediale Öffentlichkeit erreicht hat. Hierbei geht es um die Kasinos, die dort unter erheblichen steuerlichen Erleichterungen prosperieren und längst zu einem Milliardengeschäft geworden sind. Doch ist dies nicht der strittige Punkt, sondern die Verteilung der Mittel und die „Vergiftung“ der Mentalität durch Profitdenken und Stammesegoismen.

Da die Verträge mit Kanada und der Provinz entsprechende Deutungen zulassen, akzeptieren die Cree nicht mehr alle Gesetze. So gilt seit dem 1. Januar ein Rauchverbot, das aber die Enoch Cree First Nation in ihrem Casino nicht einhalten will. Häuptling Ron Morin ist der Ansicht, das Casino stehe auf Bundesland und unterliege damit nicht der Gesetzgebung der Provinz. Ähnlich wollen die Besitzer des Grey Eagle Casinos auf dem Land der Tsuu T'ina südwestlich von Calgary verfahren.

First Nations

Naskapi (Iyiyiw und Innu)

Östliche Montagnais (Innu)

Westliche Montagnais (Nehilaw und Ilniw)

Atikamekw (Nehiraw)

Nördliche James Bay Cree (Iyiyiw)

Südliche James Bay Cree (Iyniw (Binnen-) und Iyyiw (Küsten-))

Moose Cree (Mōsonī / ililī)

Swampy Cree (Maškēkowak / nēhinawak)

Rocky Cree (Asinīskāwiyiniwak)

Woods Cree (Sakāwithiniwak / nīhithawak)

Plains Cree (Paskwāwiyiniwak / nēhiyawak)

Siehe auch

Literatur

Externe Links

Anmerkungen

  1. 1 ↑ W. Hildebrandt: Views from Fort Battleford: Constructed visions of an Anglo-Canadian west, Regina: Canadian Plains Research Center 1994, S. 8.
  2. 1a ↑ Eine ausführliche Besprechung zu Mandelbaums These liefert Dale Ronald Russell: The 18th century western Cree and their neighbours : identity and territory, M.A. thesis, University of Saskatchewan 1990, S. 31-53.
  3. 2 ↑ H. Hiebner: Papaschase Indian Reserve Number 136, in: Papaschase Historical History, Edmonton: South Edmonton History 1984, South Edmonton saga, S. 15-27.
  4. 3 ↑ Vgl. J. L. Gilpin: The Edmonton and district settlers’ rights movement, 1880-1885, in R. C. Macleod (Hg.): Swords and ploughshares: War and agriculture in Western Canada, Edmonton: University of Alberta Press 1993, S. 149-172.
  5. 4 ↑ Vgl. (PDF, 48 kB): Statement of Claim.
  6. 5 ↑ Mistahimaskwa. In: Dictionary of Canadian Biography, Toronto 1979ff. (englisch, französisch).
  7. 6 ↑ Kapapamahchakwew. In: Dictionary of Canadian Biography, Toronto 1979ff. (englisch, französisch).
  8. 7 ↑ Jack Aubrey: Quebec Cree fear „ethnic occupation“, in: Vancouver Sun, 9. September 1997.

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